FDP befremdet über teilweise Gutheissung im Fall Garcia: Bundesgericht schafft gefährlichen Präzedenzfall

In einer knappen 3:2-Entscheidung stellt das Bundesgericht einen früheren Leitentscheid in Frage und heisst die Beschwerde gegen den Parteiwechsel von FDP-Kantonsrätin Isabel Garcia teilweise gut. Die FDP warnt vor weitreichenden Auswirkungen auf die Schweizer Politik. Das Bundesgericht schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall, der die Rechte der einzelnen Politikerinnen und Politkern erheblich einschränkt, nach ihrem Gewissen handeln und entscheiden zu können.

Mit der teilweisen Gutheissung im Fall Garcia folgt das Bundesgericht einer Beschwerde, wonach die Wahl der FDP-Kantonsrätin Isabel Garcia für ungültig zu erklären sei. Für die FDP ist klar: Garcia hat sich nach ihrer Wahl in den Kantonsrat im Februar 2023 aus einer Gewissensfrage heraus für einen Parteiwechsel von der GLP zur FDP entschieden. Die Wahl von Garcia und damit auch die Legitimität ihres Parteiwechsels hat der Zürcher Kantonsrat im Mai 2023 parteiübergreifend und demokratisch mit 107 zu 52 Stimmen bei 11 Enthaltungen bestätigt. Sogar die GLP – Garcias frühere Partei – anerkannte, dass keine rechtliche Grundlage bestehe, ihr die Wahl zu verweigern, und stimmte der Erwahrung des Wahlresultats grossmehrheitlich zu.

Die Erwahrung des Zürcher Kantonsrats zugunsten von Garcia wird durch das teilweise Gutheissen der Beschwerde vor dem Bundesgericht nun aber in Frage gestellt. Bisher galt in der Schweiz uneingeschränkt der Rechtsgrundsatz, dass gewählte Politiker im Rahmen ihres Mandats die Partei wechseln konnten. Dies aufgrund des in der Bundesverfassung verankerten Instruktionsverbots, das ihnen eine freie Ausübung ihres Amts zusicherte.

Früherer Leitentscheid von 2008 wird in Frage gestellt
In einem ähnlichen Fall aus St. Gallen hatte das Bundesgericht 2008 entschieden, ein Parteiwechsel sei auch kurz nach der Wahl rechtlich nicht zu beanstanden. Wählerinnen und Wähler hätten keinen Anspruch darauf, dass die parteipolitische Zusammensetzung so bleibe wie am Wahltag. Im besagten Leitentscheid ging es um eine Kantonsrätin der damaligen CVP, die nach der Wahl und noch vor der ersten Sitzung des Kantonsrats zur SVP wechselte. Der heutige Entscheid des Bundesgerichts kommt einen kompletten Richtungswechsel gleich. Dies, obwohl die Sachlage bei Isabel Garcia sehr ähnlich war. Sie ist nach den Wahlen zum Schluss gekommen, dass sie sich insbesondere in der Finanz- und Wirtschaftspolitik von der GLP entfremdet hat und ihr die FDP näher ist.

«Gewählt werden Personen. Nicht Parteifunktionäre»
Das Bundesgericht hebt die Wahl von Garcia nicht auf, sondern leitet den Fall zur weiteren Klärung an das Zürcher Verwaltungsgericht, welches sich nun mit der Angelegenheit beschäftigen muss. Dass Parteiwechsel Staub aufwerfen, ist verständlich – die Liste von Beispielen ist sehr lang. «Das gehört zur Schweizer Politik. Das muss ausgehalten werden», sagt FDP-Präsident Filippo Leutenegger. Wichtig zu betonen sei, dass das Primat der Personenwahl sakrosankt bleiben muss. «Gewählt werden Persönlichkeiten, nicht Funktionäre. Dieser Grundsatz hat sich bewährt und gibt den einzelnen Politikerinnen und Politikern Spielraum für eigene Entscheidungen – in Sachgeschäften und im Extremfall in der Wahl der eigenen Parteizugehörigkeit.»

Uneingeschränkt steht die FDP hinter ihrer Kantonsrätin Garcia. Für Garcia und die FDP steht fest, dass der Entschluss für einen Parteiwechsel nach der Wahl erfolgt ist. Wahl und Parteiwechsel sind somit als rechtmässig anzuerkennen. Ein Umstand, der auch das Zürcher Verwaltungsgericht – laut Bundesgericht eigentlich von vornherein das zuständige Gericht – auch feststellen wird.

Kontakt:
Filippo Leutenegger, Parteipräsident FDP, 079 447 99 07